In der Progrom Nacht vom 08. auf den 9. November 1938 hat das faschistische Deutschland hunderte Synagogen niedergebrannt. Schon vor der Machtergreifung der Faschisten 1933 in Deutschland hatten SA und SS die Menschen terrorisiert, die ihnen nicht genehm waren. Die Progrom Nacht zeigte, daß die offen faschistische Diktatur des Kapitals die grenzenlose Barbarei plante und umsetzte. Wer diesen Terror im eigenen Land ausübt, macht es auch woanders. Wenige Monate später begann der Vernichtungsfeldzug der Wehrmacht, der Waffen SS und anderer terroristischer bewaffneter Gruppen gegen die Völker der Welt, der II. Weltkrieg.
Ein geschichtlicher Hintergrund:
Vor hundert Jahren ermordeten rechtsextreme Freikorps – mit Zustimmung von SPD-Reichswehrminister Gustav Noske – die spartakistischen Führungspersonen Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Waldemar Pabst, der Organisator des Doppelmords, lebte von 1943 bis 1955 in der Schweiz. Von hier aus versorgte er die Wehrmacht mit Kriegsmaterial, betrieb Spionage und wirkte nach 1945 maßgeblich am Aufbau einer faschistischen Internationale mit. Dabei wurde Pabst von einem mächtigen Netzwerk aus dem Schweizer Herrschaftsapparat gedeckt und unterstützt. Noch heute leben die Strukturen fort, die den Nazi-Verbrecher protegierten. Höchste Zeit, die Dinge beim Namen zu nennen.
»Asyl für einen Nazi-Verbrecher«
das 1948 garantierte politische Asyl für Waldemar Pabst
Organisator des Mords an Liebknecht und Luxemburg, außerdem einer der Anführer des konterrevolutionären Kapp-Lüttwitz-Putschs, Wehrwirtschaftsführer unter Hitler, Mittelsmann für legale wie illegale Waffengeschäfte sowie eine der umtriebigsten Figuren des internationalen Faschismus des 20. Jahrhunderts.
Pabsts Schweizer Unterstützer verkehrten in den höchsten Etagen aus Wirtschaft, Politik, Verwaltung, Armee und Polizei.
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Pabsts Ziel: ein Staatenbund des europäischen Faschismus
Zur Unterstützung und Faschisierung der Paramilitärs der Heimwehr erhielt der Mussolini-Bewunderer Pabst ab 1922 große Geldsummen aus dem faschistischen Italien. Auch verschiedene österreichische und deutsche Waffenindustrielle unterstützten ihn dabei.
Zurück in Deutschland gründete Pabst die Gesellschaft zum Studium des Faschismus. Diese elitäre Vereinigung stellte ein Bindeglied zwischen konservativen Kreisen aus Militär, Wirtschaftsverbänden und der Presse einerseits und der NSDAP andererseits dar. Bereits drei Jahre nach Pabsts Rückkehr nach Deutschland wurde die Staatsmacht an Adolf Hitler übertragen. Doch dessen NSDAP empfand Pabst zunächst als wenig attraktiv. Er war der Meinung, die Partei übertreibe mit ihrer großdeutschen Allmachtsfantasie. Pabsts Ziel war nicht die Dominanz eines einzigen Staates, sondern ein Staatenbund des europäischen Faschismus. So schlug er einen Leitungsposten in der Hitler-Partei aus und schmiedete stattdessen weiterhin an seinen Plänen für eine faschistische Internationale.
Solothurner Waffenfabrik in der Zwischenkriegszeit als Tarnfirma für die Weiterentwicklung deutscher – aber als schweizerisch deklarierter – Waffen und für deren Export.
Die Erzeugnisse aus Solothurn gingen fast ausschließlich an südamerikanische Diktaturen und an autoritär oder faschistisch regierte Staaten Europas. Auch rechte paramilitärische Verbände wurden im großen Stil versorgt.
dienten beide Firmen der Wirtschaftsspionage und anderen kriminellen Geschäftspraktiken.
Eine faschistische Internationale – Teil 2
Spätestens ab 1948 betätigte sich Pabst in der Schweiz auch wieder offen politisch. So kündete er eine »anti-kommunistische Zeitungsgründung« an sowie einen privaten Nachrichtendienst gegen das kommunistische Jugoslawien. Diesem privaten, internationalen Geheimdienst sollten auch mehrere Schweizer angehören, darunter der katholische Nationalrat Emil Duft aus Zürich, der steinreiche Zürcher Waffenfabrikant Emil Bührle, der Luzerner Jurist und spätere CVP-Nationalrat Hans Stadelmann sowie der katholisch-konservative Departementssekretär des Militär- und Polizeidienstes des Kantons Luzern Dr. Josef Isenschmid.
Für dieses Projekt ließ Pabst alte Geheimdienstkontakte wiederaufleben und traf etwa seinen alten deutschen Bekannten Paul Hahn. Der sogenannt »rote Hahn«, der in den Kämpfen 1918/1919 ein führendes Mitglied des revolutionären Soldatenrates Württemberg war, verschaffte sich mit der Niederschlagung der Stuttgarter Spartakisten sowie der Münchner Räterepublik großes Ansehen bei der deutschen Reaktion. Hahn übernahm nach dem unterdrückten Spartakusaufstand das Amt des Oberpolizeidirektors in Stuttgart. Schon 1919 legte er in Zusammenarbeit mit dem Zürcher Polizeipräsidenten eine Kartei missliebiger und im Krisenfall zu verhaftender Kommunisten an. Nach 1945 baute Hahn im Auftrag der Franzosen die württembergische Staatspolizei auf.
»Die Sache mit Pabst ist großartig« – Nazi-Geheimtreffen im Zürcher Bahnhofsbuffet
Pabst konnte sich in der Schweiz je länger desto freier entfalten. So hielt er 1948 fest: »Die hiesigen Behörden haben dem allgemeinen antikommunistischen Zug in der Welt folgend, mir in der letzten Zeit keine Schwierigkeiten mehr gemacht«. Schon ab 1949 wagte er, nach Westdeutschland zu reisen, besuchte alte Freunde wie seinen Putschkameraden und Geheimdienstkollegen Friedrich Wilhelm Heinz. Im Sommer 1950 unternahm Pabst sogar eine Europareise, während der er mögliche Unterstützer einer antikommunistischen Internationale besuchte. Dies geht aus einem von der Kantonspolizei Zürich abgefangenen Brief hervor.
Darin schreibt ein Bruno Fricke an seinen Chef Otto Strasser, Pabst habe bereits in Westdeutschland, Spanien, Belgien, Frankreich, Holland und der Schweiz entsprechende Gruppen aufgebaut. Pabst, Fricke und Strasser kannten sich aus alten Zeiten. Sie alle waren ungehorsame NS-Kameraden. Strasser und Fricke waren seit Langem überzeugte Nationalbolschewisten und spalteten sich mit Getreuen schon 1930 als Kampfgemeinschaft Revolutionärer Nationalsozialisten von der NSDAP ab. Nun, fünf Jahre nach Kriegsende, versuchten sie zusammen mit Pabst von der Schweiz aus den Wiederaufbau einer faschistischen Bewegung.
Pabst war jede politische Betätigung noch immer verboten. Dies hinderte ihn aber nicht daran, sich Ende 1950 konspirativ mit Bruno Fricke zu treffen. Ihr Treffpunkt war der erste Stock des Buffets im Hauptbahnhof Zürich. Aus einem durch den Zürcher Nachrichtendienst abgefangenen Brief von Fricke an Otto Strasser ist folgendes bekannt: Pabst versprach Fricke, ihm eine Liste mit Vertrauensleuten des internationalen Faschismus zu überlassen. Fricke erhielt zudem eine Namensliste von »Chefs« der sich im Wiederaufbau befindenden Schwarzen Front. In einer Notsituation sollten diese Führungspersonen von Pabst illegal in die Schweiz geschleust werden. Euphorisch schrieb Fricke an Strasser: »Die Sache mit Pabst ist großartig«. »Der Major« habe »gute Beziehungen zu den hiesigen obersten Militärs und scheinbar eine feste Mobilmachungsverwendung.« Mobilmachungsverwendung? War Pabst sogar für militärische Aktionen in der Schweiz vorgesehen? Bis heute ist das ungeklärt.
Westlicher Antikommunismus als Freipass für den Nazi-Verbrecher
Ein strafrechtliches Verfahren ist gegen Pabst aber auch nach dem Zürcher Treffen mit Fricke nicht eingeleitet worden. Die Bundesanwaltschaft ließ dem kantonalzürcherischen Nachrichtendienst sogar ausrichten, dass man »ziemlich orientiert« sei über Pabsts Treiben. Pabst selbst spreche bei ihr hin und wieder vor. Tatsächlich wusste Bundespolizeichef Balsiger von Pabsts Kontakt zu Fricke. Ob Balsiger auch von den Plänen der neuen faschistischen Internationale wusste oder sogar selbst eine Rolle darin spielen sollte, ist ungewiss. Das Projekt der Schwarzen Front scheiterte aber noch in den 1950er-Jahren.
Das Interesse an einer neuen faschistischen Internationale war im rheinischen Kapitalismus mit seinem absehbaren Nachkriegsboom schlicht zu gering – sowohl bei den Eliten als auch bei den Massen. Pabst war enttäuscht. Nach den Landtagswahlen in Hessen und Württemberg 1950, als die SPD fast jede zweite Stimme holte, schrieb Pabst ernüchtert an seinen Aargauer Freund Bircher: »Die Deutschen sind und bleiben politisch hoffnungslos«. Dabei verbesserten sich die Zeiten für Pabst kontinuierlich. Am 18. Juni 1953 war es schließlich soweit. Der Nazi erhielt seine Niederlassungsbewilligung für die Schweiz.
In wirtschaftlicher Hinsicht lief es für Pabst in der Schweiz schon 1950 rund. So beteiligte sich Pabst als stiller Gesellschafter mit 40.000 DM an einer Textilfabrik in Konstanz. Den gewünschten Posten als deutscher Handelsattaché in der Schweiz erhielt er zwar nicht, doch mischte er bereits wieder tüchtig im Waffenhandel mit. So meldete sich im Oktober 1950 aus dem von Militärs beherrschten Argentinien sein alter österreichische Freund und Waffenindustrielle Kurt Mandl bei ihm. Der Österreicher suchte Tankabwehr und Antiflugzeugkanonen für den jungen Staat Pakistan und fragte Pabst, ob er aus der Schweiz was deichseln könne. Pabst kontaktierte daraufhin seine Freunde Bircher und Bundespolizeichef Balsiger. Mit Bircher fuhr er sogar ins französische Cap Antibes zu Mandl und besprach dort den Waffendeal.
Bundesrat Stampfli gegen Untersuchung des Falls Pabst
Gegen große Widerstände seitens staatlicher Organe der Schweiz leitete die Bundesanwaltschaft 1953 eine Untersuchung gegen Pabst ein. Gemäß der Historikerin Doris Kachulle setzte FDP-Bundesrat Walther Stampfli den SP-Bundesanwalt René Dubois zuvor massiv unter Druck, um eine Untersuchung zu verhindern. Der Solothurner Stampfli pflegte als Einkäufer und später als Direktor der von Roll’schen Eisenwerke in der Zwischenkriegszeit enge Beziehungen zu wichtigen faschistischen Figuren in Deutschland. So wusste er bereits vor den ersten Kriegshandlungen das Datum des deutschen Angriffs auf die Sowjetunion.
Nachkriegsboom: Schweizer Waffen für Diktatoren und Rassisten
Pabst gehörte nun zu den ersten Unternehmern, die versuchten, in Deutschland erneut eine Rüstungsfabrik zu betreiben. Pabst scheiterte aber vorerst mit der »Wiederbewaffnung« seines geliebten Vaterlands und kam wieder in die Schweiz zurück. Langfristig zog es ihn zwecks Waffengeschäften dennoch nach Deutschland. Und so ließ sich Pabst 1955 in Düsseldorf nieder. Fortan war der gut vernetzte Pabst als Mittelsmann für verschiedene Waffenhändler und Rüstungsbetriebe tätig. Sein Hauptfokus lag dabei auf rechten Diktaturen wie Spanien, Portugal, Taiwan, auf dem rassistischen Südafrika, zudem auf Ägypten als Gegner des neuen Staates Israel und auf Indien als Bollwerk gegen Maos China. Außerdem beschaffte Pabst Ende der 1950er-Jahre für die deutsche Bundeswehr von der Schweiz aus riesige Mengen portugiesischer Patronen. Das Geschäft wickelte Pabst über die Luzerner Kantonalbank ab.
Lange weibelte der mittlerweile gealterte Pabst mit einer speziellen technischen Neuerung. Eine Flüssigtreibstoffrakete, ein Schweizer Fabrikat, versuchte Pabst über mehrere Jahre hinweg an die Bundeswehr zu bringen. Produziert wurde die neue Waffe von der Zürcher Firma Patvag AG, für die Pabst als Berater amtete. Als 83-jähriger Waffenvertreter in Schweizer Diensten machte Pabst sogar noch stundenlange Raketentests durch – zusammen mit der Bundeswehr. Ärgerlich war für Pabst, dass die Bundesrepublik die Rakete schließlich doch nicht wollte. Im Jahr 1964 kam die Absage. Also hörte sich der Waffenschieber um und schielte nach Südafrika. Ungünstig erwies sich indes das in der Schweiz geltende Waffenausfuhrverbot in den Apartheidstaat. Pabst kannte aber Auswege und schlug vor, als Tarnung Vertriebsfirmen im In- und Ausland zu gründen.
Schließlich vermittelte Pabst für die Patvag aber einen anderen Deal. Via Deutschland lieferte die Schweizer Firma 25 Tonnen Opalm (ein noch stärkeres Brandmittel als das im Koreakrieg getestete Napalm) nach Kairo, von wo aus Staatspräsident Nasser die Vernichtung Israels verkündete. Eine direkte Lieferung nach Ägypten war nach Schweizer Recht verboten, doch in Deutschland war Opalm nicht als Kampfstoff eingestuft. Ein »judenfreundliches Blatt in Hamburg« (Pabst) bekam jedoch Wind von der Sache und machte den Deal öffentlich. Der Aufschrei war immerhin so groß, dass in der Schweiz u. a. der »Tages-Anzeiger« eine erneute Verschärfung der eidgenössischen Waffenexportbestimmungen forderte.
Die Patvag stieß übrigens 1963 zur Chemie Holding Ems AG. Sechs Jahre später trat ein junger Mann namens Christoph Blocher in die Firma ein. Er sollte die Ems-Chemie in den 1970er-Jahren, definitiv im Jahr 1983, übernehmen. Noch als Holzverzuckerungs AG produzierten die Emser Werke aber schon in den frühen 1950er-Jahren Opalm – zu militärischen Zwecken freilich. Erst vor 15 Jahren – unter Magdalena Martullo-Blocher – stellte die EMS-Patvag die Produktion von Zündsystemen für die Wehrtechnik gemäß eigener Angabe ein.
Pabst jedenfalls wirkte in den 1960er-Jahren weiter in weltweiten Waffengeschäften mit. Politisch verlor der Alte an Einfluss, blieb aber stets Antisemit und Faschist. Ab 1964 gab es auch wieder eine Partei, die er – wenn auch durchaus kritisch – wählte: die NPD.
50 Jahre »das Maul gehalten« – Pabst stirbt
Am 29. Mai 1970 starb der zu neuem Reichtum gelangte Waffenschieber endlich. Beerdigt wurde er gemäß seinem letzten Willen in Muri bei Bern, wo bereits seine Ehefrau lag. Später fand man in Pabsts Nachlass die Abschrift eines Briefes aus dem Jahr 1969. Darin reflektierte Pabst die Ermordung von Luxemburg und Liebknecht, auf die er zeitlebens stolz war: »Dass ich die Aktion ohne Zustimmung Noskes gar nicht durchführen konnte – mit Ebert im Hintergrund – und auch meine Offiziere schützen musste, ist klar. Aber nur ganz wenige Menschen haben begriffen, warum ich nie vernommen oder unter Anklage gestellt worden bin. Ich habe als Kavalier das Verhalten der damaligen SPD damit quittiert, dass ich 50 Jahre lang das Maul gehalten habe über unsere Zusammenarbeit.«
Waldemar Pabst wickelte für die Patvag, die heute zur Ems-Chemie gehört, Deals mit dem südafrikanischen Apartheidstaat ab. Blocher, ab 1973 Direktionsvorsitzender der Ems-Chemie AG, gründete 1982 die antikommunistische Organisation Arbeitsgruppe südliches Afrika (ASA).
Mithilfe dieses Vehikels unterstützte Blocher das rassistische Regime, das er als Bollwerk gegen den Kommunismus in Afrika betrachtete und dem er – wie einst Pabst – waffenfähiges Material lieferte. Ein weiteres prominentes ASA-Vorstandsmitglied war übrigens der damalige SVP-Nationalrat Ulrich Schlüer, der in seiner Jugend Sekretär des Faschisten und ehemaligen Fröntlers James Schwarzenbach war.
Die historischen Kontinuitäten betreffen allerdings keinesfalls bloß die Vergangenheit. Auch heute versuchen die bürgerlichen Parteien – allen voran die SVP – die ohnehin laschen Bestimmungen zum Rüstungsexport noch weiter zu lockern, damit künftig auch in Bürgerkriegsgebiete geliefert werden kann. Auch heute fließen bekanntlich Gelder und andere Unterstützungsleistungen aus dem Umkreis der SVP an die neuen Nazis der AfD. Und auch heute wagen rechte Schweizer Politiker, etwa SVP-Nationalrat Roger Köppel, wieder den Schulterschluss mit Rassisten und Faschisten, etwa mit Steve Bannon, oder demonstrieren Seite an Seite mit deutschen Neonazis und NSU-Unterstützern durch Chemnitz.
https://skug.at/eine-faschistische-internationale-teil-2/Theorie und Praxis der internationlen Faschistischen Bewegung
Wie schon die Konservative Revolution ist auch die Neue Rechte ihrem Anspruch nach dynamisch und revolutionär. Mohler formulierte scharfe Angriffe gegen einen lediglich "gärtnerisch" bewahrenden Konservatismus. Wie sein Lehrmeister Ernst Jünger, als dessen Sekretär Mohler in jungen Jahren gearbeitet hatte, setzte er auf die revolutionäre Überwindung des Bourgeois durch eine offensive Rechte. Jünger hatte bereits 1929 keinen Zweifel am radikalen Anspruch dieses neuen Nationalismus gelassen: "Wir überlassen die Ansicht, daß es eine Art Revolution gibt, die zugleich die Ordnung unterstützt, allen Biedermännern." Jünger verkündete weiter: "Wir werden nirgends stehen, wo nicht die Stichflamme uns Bahn geschlagen, wo nicht der Flammenwerfer die große Säuberung durch das Nichts vollzogen hat", um schließlich in dem Satz zu münden, mit dem heute die Identitäre Bewegung um Anhänger wirbt: "Weil wir die echten, wahren und unerbittlichen Feinde des Bürgers sind, macht uns seine Verwesung Spaß." Zur Auflösung der Fußnote[8] Für Jünger war die Zeit des klassischen Konservatismus abgelaufen. Seinen heutigen Verehrern imponiert die Kompromisslosigkeit, die sich gegen Liberale und Linke richtete.
Ein zentraler Denker dieses radikalen Schnitts ist Georges Sorel. Als Autor, der sich der verhassten Dekadenz des Bürgertums entgegenstellte und Gewalt als reinigendes Mittel predigte, hat er Eingang in den Kanon der Neuen Rechten gefunden. Sternhell weist auf seine große Bedeutung für die Genese der faschistischen Ideologie hin: "Bedeutete der Faschismus philosophisch gesehen eine Absage an die rationalistischen und individualistischen Inhalte, welche die Grundlagen des Marxismus wie Liberalismus bildeten, so stellte er auf ideologischer und politischer Ebene die Synthese eines organischen Nationalismus mit der Marxrevision Georges Sorels und seiner Anhänger in Frankreich und Italien zu Beginn des Jahrhunderts dar." Zur Auflösung der Fußnote[9]
Auch in der Theoriebildung der Neuen Rechten spielte Sorel eine zentrale Rolle. Karlheinz Weißmann beschrieb in der "Jungen Freiheit" die Einflüsse Sorels auf Armin Mohler. Dieser habe "vor allem prinzipielle Gründe" gehabt, "Sorel neu zu entdecken. Sorels Antiliberalismus und Dezisionismus hatten Mohler beeindruckt und vielleicht stärker noch die ‚Unklarheit‘ seines Denkens." Zur Auflösung der Fußnote[10] Mohler hatte sich bereits 1973 in der Zeitschrift "Criticón" mit Sorel beschäftigt und 1975 in seiner Eigenschaft als Leiter der Siemens-Stiftung eine Publikation zu Sorel kommentiert. Im Jahr 2000 erschien im Verlag Antaios, der dem IfS nahesteht, das Bändchen "Georges Sorel. Erzvater der Konservativen Revolution", versehen mit einem Nachwort Karlheinz Weißmanns. Zur Auflösung der Fußnote[11] Zum geistigen Erbe Sorels in der Neuen Rechten zählt vor allem der Hass auf die "Dekadenz" des westlichen Liberalismus.
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Schon früh offenbarte sich in AfD und Pegida der "Nukleus einer Bürgerkriegspartei", wie der Journalist Volker Zastrow urteilte: "Ihre Gier nach Gewalt ist mit Händen zu greifen, und sie wird nicht haltmachen, sich nicht begnügen." Zur Auflösung der Fußnote[16] Tatjana Festerling, Gründungsmitglied der Hamburger AfD und Pegida-Aktivistin, sprach auf einer Demonstration im Januar 2016 in Leipzig davon, die "Eliten mit Mistgabeln aus den Parlamenten, den Gerichten, den Kirchen und den Pressehäusern zu prügeln". Zur Auflösung der Fußnote[17] Das tatsächliche Umschlagen der latenten Gewaltsehnsucht in ihre manifeste Ausübung blieb in Deutschland inoffiziellen Akteuren überlassen. Es zeigte sich schließlich an körperlichen Angriffen auf Pressevertreter und vor allem der steigenden Zahl von Brandanschlägen auf Asylunterkünfte. Unter anderen Rahmenbedingungen fällt der Neuen Rechten die Annäherungen an klassisch-faschistische Formen wesentlich leichter. Pegida-Frontfrau Festerling ließ sich in Bulgarien dabei fotografieren, wie sie mit einer uniformierten "Bürgermiliz" Jagd auf illegale Einwanderer machte.
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"Gesellschaft zum Studium des Faschismus" als Sammelbecken, in dem sich nationalkonservative und nationalsozialistische Kreise darüber austauschten, wie die Republik zu zerstören sei. Sie war gegründet worden, um eine Art "faschistische Internationale" zu schaffen, und mündete schließlich in der Verbindung rechter Revolutionäre mit alten Eliten. Zur Auflösung der Fußnote[23] Die Vertreter der Konservativen Revolution, die in diese Debatten involviert waren, zeigten sich dabei weniger als Parteigänger Hitlers, sondern neigten eher zum italienischen Modell. Insgesamt waren auch sie strikt völkische und republikfeindliche Nationalisten. Samuel Salzborn beschreibt die politische Zielsetzung von Edgar J. Jung, dem Berater Franz von Papens, als "völkische Destruktion demokratischer Ordnung". Zur Auflösung der Fußnote[24]
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Tatsächlich zielen Rechtspopulismus und Neue Rechte auf Affekte statt Reflexion. "Was zählt, ist die Emotion" resümiert eine Auswertung der Social-Media-Präsenz der AfD. Zur Auflösung der Fußnote[29] Die Ausbeutung von "Wut" folgt dabei dem durch den AfD-Strategen Marc Jongen ausgegebenen Ziel der Steigerung der "thymotischen Spannung" in der Politik. Dieses Vorgehen gehört nicht nur zu den Wesensmerkmalen des Populismus generell, der sich mit seiner "charakteristischen Intellektuellen- und Theoriefeindlichkeit" dem "reflexiven Umgang mit der Moderne" verweigert. Zur Auflösung der Fußnote[30] Esweist zudem auf den im Faschismus verbreiteten Glauben, "man müsse die Tiefen des Irrationalen und des Instinktes von der künstlichen Domäne der Vernunft scheiden". Konkretes Ergebnis war der historische "Kult der irrationalen, mysteriösen Kräfte", der sich über die Evokation von Wille und Vorsehung artikulierte, wie Sternhell ausführt: "Für die revolutionäre Rechte von 1890 wie von 1930 beruhte der einzigartige Vorteil der Volksmeinung auf ihrer unbesonnenen, im Irrationalen wurzelnden Spontaneität: dies waren, sowohl zu Beginn des Jahrhunderts als auch am Vorabend des Zweiten Weltkriegs, die neuen Kriterien für politisches Verhalten." Zur Auflösung der Fußnote[31] Im Gegensatz zur Rationalität gelten Spontanität und Instinkt als naturhaftes Verhalten. In einer Vorstellungswelt, die auf die letztendscheidende Kraft des Ausnahmezustands gefluchtet ist, werden sie als Lebensversicherung gesehen.
Ein solcher Antirationalismus mündet zwangsläufig in der Glorifizierung von Gewalt. In der Geschichtsauffassung der Neuen Rechten regrediert die Gesellschaft zum permanenten Kampf stammesartiger Gruppen miteinander. Davon zeugt die Publikation des Buchs "Der Weg der Männer" des US-amerikanischen Alt-Right-Autors Jack Donovan bei Antaios. Der ewige Kriegszustand wird dabei als die Daseinsform gelobt, die dem Wesen des Mannes am meisten entspreche. Gewalt gilt als der unmittelbarste Weg zum Ziel, ihre Zügelung nur als hinderlich: "Der Weg der Männer, das Ethos der Gruppe, die amoralischen kämpferischen Tugenden: Sie drehen sich letztlich allesamt um das Gewinnen." Zur Auflösung der Fußnote[32] Im Kult des Verlags Antaios und der Identitären um das Buch Donovans zeigt sich einmal mehr die latente Gewaltform der Neuen Rechten.
Vor dem Hintergrund der weltanschaulichen Disposition der Neuen Rechten, ihren Kontakten und historischen Vorbildern ist festzustellen, dass sie das Erbe des Faschismus zumindest in großen Teilen angetreten hat. Das faschistische Element kommt dabei meist habituell und ästhetisch zum Vorschein, manifestiert sich aber, sobald der einhegende gesetzliche Rahmen wegfällt. Eine wichtige Quelle sind die vielfältigen historischen Bezüge auf die Konservative Revolution, die sich für die italienische Variante des Faschismus begeisterte. In diesem Sinne kann vor allem der harte Kern um das IfS durchaus in der Tradition des Faschismus gesehen werden.
Strategie des „Institut für Staatspolitik“
Geistiges Rüstzeug für die AfD
Der Journalist und Rechtsextremismusexperte Andreas Speit erklärt im Interview, wie das „Institut für Staatspolitik“ (IfS) als rechtsextreme Kaderschmiede den Aufstieg der AfD begünstigt hat.
THEORIE ÜBER DEN INTERNATIONALEN FASCHISMUS TEIL I und II
https://www.jstor.org/stable/24195491Die „Krise des liberalen Systems” (Nolte), die Überforderung der eben erst erschaffenen Demokratien und der antibourgeoise wie antimarxistische Affekt erfassten das gesamte Europa der Zwischenkriegszeit.
Unter den nationalistischen Renegaten, die dazu beitrugen, dass Italien im Mai 1915 auf Seiten der Entente in den Weltkrieg trat, befand sich auch der ehemalige Sozialist Benito Mussolini (1883-1945).[22] Gemeinsam mit diversen Futuristen, Syndikalisten, ehemaligen Arditi (Sturmtruppen) und weiteren Veteranen rief er am 23. März 1919 auf der Mailänder Piazza San Sepolcro die Fasci italiani di combattimento, eine linksnationalistische Antipartei ins Leben.[23] Diesen äußerst disparaten Zusammenschluss einte der nationalistisch motivierte, kämpferische Aktionismus, eine durch den Krieg radikalisierte Gewaltbereitschaft, eine antibourgeoise wie antimarxistische Haltung und die Verachtung der althergebrachten politischen Kaste und Praxis.
Faschismus als „dritter Weg”
Die – zunächst noch geringe – Faszination, welche die Faschisten ausübten, gründete in der Aura der Erneuerung, in dem weder rechten noch linken „dritten Weg”, den sie proklamierten, sowie in der Vorstellung von der Einheit und Macht der Nation, die sie anstrebten.[24] Letztere galt es, gegebenenfalls mit Gewalt (wieder)hervorzubringen. Diese Vision einer „(Volks-)Gemeinschaft“, in der die sozialen Konflikte zwischen Arbeitern und Bourgeoisie sowie das Unbehagen an der Industriemoderne überwunden sein würden, erweist sich als eine der zentralen Ähnlichkeiten, die sich zwischen den unterschiedlichen Faschismen erkennen lassen.[25]
Internationale Solidarität statt faschistische Geopolitik!